Gamma und die Adobe Color Engine

Die Adobe Color Engine, kurz ACE, ist das von Thomas Knoll entwickelte Color Matching Module, welches in den Adobe-Programmen sowohl unter Windows als auch am Mac zum Einsatz kommt. In Bezug auf das Gamma hat die ACE aber eine Eigenheit, die für Anwender im High-End-Bereich interessant sein kann.

Normalerweise ist es so, dass die Wiedergabekurven von RGB-Profilen mit einer Gammafunktion definiert sind. AdobeRGB hat beispielsweise ein Gamma von 2,2. Es handelt sich also um eine Potenzfunktion mit dem Exponenten 1/2,2. Es gibt jedoch auch denn Fall, dass Wiedergabekurven nicht mit einem Gammawert – also mathematisch – spezifiziert sind, sondern durch Punkte. Die Wiedergabekurve von sRGB ist dazu wohl das berühmteste Beispiel. Sie entspricht zwar über weite Teile einem Gamma von etwa 2,4, hat aber zu Beginn ein lineares Segment, welches für eine bessere Zeichnung in den Schattenpartien sorgt.

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Mit ColorSync kann man den Unterschied zwischen den beiden Wiedergabekurven erkennen.


Wer nun aber glaubt, dass Photoshop und alle anderen Adobe-Programme, die die ACE nutzen, beim AdobeRGB die reine Gammafunktion auswerten, der irrt. Denn die Adobe Color Engine fügt bei der Nutzung jedem ICC-Profil, dessen Wiedergabekurve über eine Gammafunktion definiert ist, automatisch ein lineares Segment hinzu. (So wie es bei sRGB schon direkt im Profil hinterlegt ist.) Das ist vor allem der Bildqualität zuträglich.

Darüber hinaus schreibt Chris Cox:

Yes, we use the slope limit of 1/32 even when the profile gives a single number gamma value. Not doing that would cause too many problems whenever you need to invert the gamma table.


Im Dokument »Adobe® RGB (1998) Color Image Encoding« findet sich dazu auf Seite 20 noch folgender Hinweis:

linear-slope-adobe
Quelle: https://www.adobe.com/digitalimag/pdfs/AdobeRGB1998.pdf

Wann ist diese Information wichtig?
Im Wesentlichen bestätigt sie bloß den alten Grundsatz, dass innerhalb eines Worfklows bloß ein Color Matching Module verwendet werden sollte. Andernfalls kann es zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. (Ein Unterschied durch die hier beschriebene Eigenheit wird allerdings mit bloßem Auge kaum erkennbar sein. Wie gesagt, es handelt sich hier um absolute High-End-Ansprüche.) Darüber hinaus hilft die Information aber eventuell auch bei der Fehlersuche. Im professionellen Umfeld wird viel mit Colormanagement gearbeitet. Um gewisse Workflows einzurichten, muss man dazu meist einige Tests durchführen. Wenn Ergebnisse dann nicht den Erwartungen entsprechen hat man hiermit einen Anhaltspunkt mehr. So bin zumindest ich darauf gestoßen …


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